Höhen & Tiefen
Hoffnung – Kraft zum Leben
Aus dem Suchttagebuch eines trockenen Alkoholikers
Ein Weg in die Sucht und aus der Sucht, ein Weg in das soziale Abseits und die Kraft zum Überleben des Suizids. Meine Dankbarkeit für 32 Jahre TROCKENHEIT, ist die Basis für ein weiteres trockenes Leben und dazu das Wissen, nur das HEUTE zählt. HEUTE bin ich TROCKEN, das ist mein Weg für ein trockenes Weiterleben. Das Tagebuch wird als Taschenbuch 2022 erscheinen, der Erlös geht in die Sucht-Selbsthilfe und Sucht-Prävention des Verein LEOSS - LEBEN ERLEBEN OHNE SUCHT UND SUIZID & soziale Not. Alkoholismus ist eine Krankheit, sie kann nicht geheilt, aber zum Stillstand gebracht werden. Alkohol zerstört sehr viel, insbesondere Partnerschaft und Familien und vieles mehr. Ich bedanke mich bei den Menschen, die mich in den Jahrzehnten begleitet haben und mir in vielen Situationen zur Seite standen. Ich entschuldige mich bei den Menschen, die durch mich einen Schaden erlitten haben. Vor allem bedanke ich mich bei meiner Tochter, die mir wieder Ihr Vertrauen schenkt und das war wohl sehr schwer. Meine Frau holte mich nach einem Suizidversuch von der Straße und auch hier ein großes Dankeschön. Ich vergesse nicht meine Freunde von AA, die mich als Mensch angenommen haben und mich lange Zeit getragen haben und in vielen Meetings mich begleiteten. Diese Seiten sollen NOCH NASSEN SUCHTKRANKEN MUT MACHEN und Andere zum NACHDENKEN anregen. Alkohol ist die Droge Nummer Eins in Deutschland und eröffnet Abgründe, Traumen und oft einen radikalen sozialen Abstieg. Wie viele andere trockene Suchtkranke, gebe ich meine Erfahrungen weiter, mit der Erfahrung eines Alkoholkranken.
Aalen , Peter Hoch
Wie der letzte Tag einer Suchtkarriere der Beginn eines neuen suchtfreien Lebens ist

16. August 1986: Heute ist mein 40. Geburtstag und ich überlege, wie ich diesen „Ehrentag“ verbringe. Bleibe ich in Kempten, oder fahre ich nach Augsburg, um mit meinen ehemaligen Kollegen zu feiern. Eigentlich brauche ich mir das nicht lange überlegen, mein Ziel ist Augsburg. Ich frage mich sowieso, warum habe ich mich hier her verfrachten lassen. Klar, meine Ehe ist leider im Eimer und ich habe Sehnsucht nach der Familie, vor allem nach meiner Tochter.
Gedacht und getan, es geht nach Augsburg, aber zuvor trinke ich bei Feneberg noch ein Bier und das Öl im Auto muss noch nachgefüllt werden. Ich hole mir ein Weizen und freue mich auf den „Genuss“, doch da stimmt etwas nicht, der Geschmack ist nicht das, was ich sonst „erlebe“. Ein Blick auf das Etikett offenbart meinen Fehlkauf, es ist ein alkoholfreies Weizen und das schmeckt nach herbstlichen Waldboden.

Also, jetzt ist es Zeit, nach Augsburg zu fahren. Je näher ich mich der Stadt nähere, kommt mir das Gefühl von Heimweh und die Sehnsucht nach meiner Tochter hoch. Ich treffe meinen ehemaligen Mitarbeiter und wir stoßen mit drei echten Weizen auf meinen Geburtstag an. Nachmittags besuche ich noch meine ehemalige Mitarbeiterin und lade sie für den Abend zum Essen ein. Ja, ich fahre noch am Haus meiner Ehefrau und meiner Schwiegereltern vorbei, eventuell sehe ich meine Tochter im Garten. Mein Schwiegervater hat heute auch Geburtstag, doch heute werden wir nicht gemeinsam feiern. Später treffe ich ehemalige Ex-Mitarbeitern, die wollen ja mit mir meinen Geburtstag. Das war meine Version der Geburtstagsfeier, ich fühlte mich einsam und wollte nicht alleine feiern. Ich muss mir selber zugeben, dass ich meinen Kummer ersäufen will, auch aus Verzweiflung.

Um 19.00 Uhr bin ich beim Griechen und treffe meine ehemalige Mitarbeiterin, die mir besonders gut gefällt. Das Essen war sehr gut, ein Blick in den Geldbeutel zeigt, es reicht noch für ein paar Schoppen Wein. Mein Alkoholpegel steigt und mein Verhalten vergrault meine „Angebetete“. Ich gehe noch in das Bistro gegenüber und bestelle einen Eistee mit Rum, ich habe ja Geburtstag. Der Alkohol zeigt Wirkung, ich schaffe den „Eistee mit Schuss“ nicht mehr. Mittlerweile ist es der 17. August 1986, 00.00 Uhr und ich habe genug „Stoff“ in mir. Zum Schlafen gehe ich in mein Auto und schlafe dort neben einen Glascontainer. Es ist jetzt 6 Uhr am Morgen und ich fahre mit schlimmen Kopfschmerzen „Heim“ nach Kempten und das mit Tränen in den Augen. Kurz vor Kempten sehe ich weißen Rauch hinter meinem Auto und stelle fest, dass ich meine Kehle geschmiert habe, aber das Öl nicht nachgefüllt. Die Zylinderkopfdichtung ist wohl im Eimer. Das Auto lasse ich auf dem Parkplatz stehen und gehe die letzten 10 Kilometer zu Fuß nach Kempten. Nach 3 Stunden Fußmarsch komme ich in meinem Appartement an und finde einen großen Blumenkübel vor meiner Wohnungstür. Die Mitbewohner wollten mich in das Weinzelt (Allgäuer Festwoche) einladen, doch ich war nicht da. Jetzt ist Ruhe angesagt und ich gehe schlafen, zumindest probiere ich es, aber die Seele rebelliert.
Das ist der Eintrag vom 16. August 1986 und dem Morgen vom 17. August 1986. Es ist das Ende einer NASSEN ALKOHOLPHASE NACH 26 JAHREN und der Beginn einer TROCKENEN SUCHTKARRIERE; 32 Jahre Trockenheit und die Basis für mein Lebensziel „ZUFRIEDEN UND TROCKEN LEBEN“. Ich will nie vergessen „ich bin heute trocken, darum lasse ich das Glas stehen“. Zu viele haben es nicht geschafft und sind rückfällig geworden.
Jetzt kommt der Schnitt und das Kapitel PETER UND ALKOHOL vom Anfang an

Es ist (m)eine Lebensgeschichte, die in einer kleinen Stadt in Bayerisch Schwaben am 16. August 1946 um 09.25 begann. Kindheit: Meine Mutter, die aus einer Soldatenfamilie stammte, bekam von einem US-Soldaten ein Kind. Ich war also ein sogenanntes Besatzungskind, so wie viele andere zu dieser Zeit. Man kann sich ja vorstellen, dass sie einiges erleben durfte. Sie war damals noch mit einem Wehrmachtsangehörigen verheiratet, mit dem sie drei Kinder hatte, eine Tochter und zwei Söhne. Die Ehe wurde geschieden und die zwei Söhne wurden dem Vater zugesprochen, meine Schwester verblieb bei der Mutter. Über meinen Vater hat meine Mutter nie gesprochen, ich bekam irgendwann einmal mit, dass er Bill heißt und seit dem Koreakrieg hatte sie keinen Kontakt mehr mit ihm. Klar ist, dass ich einen Vater vermisste. Soweit die Familiengeschichte, die aber meine Kindheit und Jugend beeinflusste. An ein Ereignis (1949) kann ich mich besonders (wie in einem Videofilm) erinnern: Als kleines Kind erlebte ich den Abschied von meinen Brüdern am Bahnhof in M. Diese Trennung belastete meine Seele sehr lange Zeit. Ich hab noch heute das Gefühl, dass diese Trennung meine Mutter auch sehr lange belastete. Meine Kindheit war von Armut geprägt und in vielen Situationen erlebte ich die Not meiner Mutter. Schon als Kind litt ich unter dieser Not und hatte massive Migräne-Anfälle, wobei ich mich erinnere, dass meine Mutter diese auch hatte. Ein Ereignis, das in dieser Zeit sich ereignete, prägte sich besonders negativ in meine Seele ein (heute würde man Trauma dazu sagen): Ich war so 4 bis 5 Jahre alt und erlebte einen Streit zwischen meiner Mutter und meiner Schwester. Meine Mutter litt schon damals unter Depressionen und sah wohl keinen Ausweg als den Suizid: Sie sagte zu mir: „Peterle, zieh deine Stiefel und dein Mäntelchen an, wir gehen ins Wasser.“ Gottseidank machte sie davon keinen Gebrauch. Aber das Thema Suizid begleitet mich durch mein ganzes Leben (mehr davon ist in meinem Taschenbuch 2019 zu lesen).
Thema Alkohol in meiner Kindheit

Meine Mutter arbeitete als Haushaltskraft bei einem Rechtsanwalt und das auch am Samstag. In dieser Zeit durfte ich zur „Luise“, eine ältere Dame, die in einem Altersheim lebte. Wir unterhielten uns und machten auch Spiele, es war einfach schön. Nachmittags so gegen vier Uhr gab es eine „Brotzeit“, Leberkäse, eine Semmel und einen Schluck Bier dazu. Damals dachte sich noch keiner etwas dabei, denn Bier war ja ein Nahrungsmittel. Soweit ich mich erinnere, schmeckte mir der „Schluck“ gut und Luise sagte zu mir, dass ich nach dem Schluck lustiger sei. Ich war ein ruhiges Kind, das aber unter der Not sehr litt.
Dieser Schluck Bier war wohl der Anfang einer Suchtkarriere, den der Alkohol machte mich lustig. Das ist eine Vermutung, aber der Beginn liegt wohl später. In meiner Nachbarschaft lebte ein Spielkamerad, dessen Eltern ein Bierdepot hatten. Ab und zu „bedienten“ wir uns im Keller des Hauses aus einem Bierträger. Es waren wohl 10 Flaschen, die wir über Monate konsumierten, bis zu dem Zeitpunkt als die Eltern uns auf die Schliche kamen. Das Donnerwetter war groß und die Reue nicht lang. Meine Schulkameraden und ich trafen uns mit ca. 13 Jahren regelmäßig in einer Wirtschaft und spielten „Schoppenrennen“. Es war ein Würfelspiel, wobei der Verlierer den Mitspielern einen Schoppen Bier zahlen musste.
Der erste Rausch mit 14 Jahren
Herbst 1960: In unserer Kleinstadt M. war für Jugendliche wenig geboten, so nahmen wir die Sache selber in die Hand. Wir waren aus der Schule raus und jeder von unserer „Gruppe“ hatte eine Lehre begonnen. Das war ein Grund zum Feiern in unserem Stamm-Café an einem Sonntagnachmittag. Ich erinnere mich noch heute, wir waren zu Viert und bestellten zuerst einmal eine Halbe Weizen, es können aber auch zwei gewesen sein. Damals war das In-Getränk neben Escorial der Puschkin-Wodka, dazu gab es eingelegte Kirschen. Der Wodka war damals sehr teuer und wir legten das Geld zusammen und bestellten den Wodka. Ob es ein Genuss war sei dahingestellt, die Wirkung war sehr schlimm: Ein Riesenrausch. Ich trank auch die Flüssigkeit der eingelegten Kirschen, sprang von ersten Stock über einen Treppenabsatz drei Meter hinunter, wobei ich das Glück des Betrunkenen hatte. Vor lauter Rausch fand ich den Heimweg nicht mehr und ging in die falsche Richtung. Wie ich dann den Weg nach Hause fand, ist mir bis heute unerklärlich. Ich wollte nur schlafen, aber meine Mutter unterband das mir und bewachte mich mit einem Kübel. Drei Tage lang spürte ich jede Haarwurzel, krank machen war nicht möglich, wer trinkt kann auch arbeiten. Für mich ist es heute klar, es war ein Weg in die Sucht, denn auch das „Schoppenrennen“ spielten wir weiterhin. Im Grunde war ich ein schüchterner Einzelgänger, aber mit Alkohol war ich „dabei“.
Die erste Liebe und Alkohol

Mein Freund Georg bestellte mir von einem zauberhaften Mädchen Grüße und ich konnte es nicht glauben, denn ich war furchtbar schüchtern. Gut, wir trafen uns und es begann eine Liebelei. Ich der schüchterne Peter und die Hübsche, nennen wir sie Monika. In M. war Festzeltzeit und die Eltern von Monika besuchten mit uns zwei das Volksfest. Einer der Musikanten der Stadtkapelle von M. war ein Bekannter der Familie, und setzte sich in einer Spielpause zu uns. Er unterhielt sich mit den Eltern und Monika, ich war furchtbar eifersüchtig und trank schnell mein Bier und rauchte. Die Eltern von M. bemerkten das und bestanden auf eine Trennung von mir. Diese Warnzeichen übersah ich und wollte es auch nicht hören. Vom Liebeskummer geplagt, benötigte ich als 15-jähriger noch ein Bier, aber nur soweit das Geld reichte.
Die damalige Zeit war geprägt von Beatpartys und da war ich natürlich dabei. Eines der Mädchen meinte: „Peter, du bist so schüchtern, aber wenn du was getrunken hast, tanzt du wie der Lump am Stecken.“ Ja, auf diesen Rat habe ich gerne gehört.
Alkoholmissbrauch mit 18 Jahren

Mit 17 Jahren wurde mir meine Heimatstadt zu eng und klein, ich wollte raus aus M. und was erleben. Als Zwischenintermezzo war ich in einem Milchwerk in der Lagerbuchhaltung tätig, ich hatte ja schließlich Käse-Großhandelskaufmann gelernt. In dem Allgäuer Ort verspielte ich in einem Café mein ganzes Monatsgehalt – das saß aber so gründlich, dass ich das Spielen aufhörte. Dabei übersah ich, dass ich auf den Weg in die Alkoholabhängigkeit war. Mir war die Tätigkeit in der Lagerbuchhaltung zu eintönig und veränderte mich in den Einzelhandel. Nach einer Einarbeitungszeit wurde mir die Ausbildung zum Filialleiter in A. angeboten. In A. war mein Lieblingsbruder Geschäftsführer einer Diskothek. Endlich war ich am Ziel, so dachte und fühlte ich, wir sind wieder beieinander. Ich fasse mich kurz, der Peter aus der Kleinstadt war in der Großstadt und mitten im Nachtleben und das zum Hauspreis in der Disko.
Ab hier begann der Alkoholmissbrauch, es war ein langer Prozess, mit vielen Stationen die ich so erleben durfte. In der Großstadt A. war die US-Armee stationiert und viele der Soldaten waren Gäste in der Diskothek und so entstanden auch dadurch Freundschaften. Ab und zu arbeitete ich an der Kasse oder auch am Plattenteller. Dabei lernte man auch viele Mädchen kennen und mit den Freunden (auch deutsche Freunde) war ich oft tagelang unterwegs, ich hatte ja am Montag meinen freien Tag. Bei meinem Arbeitgeber war ich der Spezialist für Bier- und Weinproben, hier habe ich viel verkauft, aber auch viel selber probiert. Heute würde ich sagen, ich habe selber den Bock zum Gärtner gemacht.
Bevor ich zur Bundeswehr musste, arbeitete ich in einem Industriebetrieb in der Lager-Buchhaltung. Nachtsüber arbeitete ich in der Diskothek und am Tag in der Buchhaltung, das überstand ich nur mit Alkohol und viel Kaffee. Zu dieser Zeit kam dann die Einberufung zur Bundeswehr nach Starnberg. Heute ist mir klar, ich war zu diesem Zeitpunkt schon alkoholkrank. So kam es während der Grundausbildung zu Zusammenbrüchen und Entzugserscheinungen, die Kantine war für den Rekruten noch tabu. Nach der Grundausbildung war es eine schöne Zeit bei der Bundeswehr, aber eine feuchte Zeit. Acht Kameraden tranken genau so viel Alkohol wie ich, sie waren nicht abhängig, ich schon. Am Wochenende arbeitete ich an der Kasse in der Disco und am Sonntag traf ich meine Kameraden zur Rückfahrt nach S.. Vorher trafen wir uns in einer Disco und tranken sehr viel, so hatte ich immer eine Ausrede für mich selbst, die trinken ja auch.
Weiteres Leben bis zum Ende der Alkoholkarriere
Nach der Bundeswehr arbeitete ich wieder als Substitut bei dem gleichen Filialunternehmen. In meiner Freizeit war ich mit Freunden unterwegs und das fast täglich. Auch hier zeigt sich, dass meine Freunde auch viel Alkohol tranken, aber nicht alkoholabhängig waren. Ich war ja immer dabei und konnte mir meine Abhängigkeit nicht eingestehen. In der gleichen Filiale arbeitete meine zukünftige Ehefrau und wir heirateten im Juli 1972. Heute kann ich meine Exfrau verstehen, dass sie zeitweise aus der Wohnung ausgezogen ist. Ich selbst und meine Sucht waren das Problem, dazu meine Eifersucht und einiges mehr.
Im Versicherungsaußendienst verdiente ich sehr gut und wir konnten gut davon leben. Erfolg und Geld plus Alkohol machen einen größenwahnsinnig und das hat irgendwann ein Ende. Ich hoffe, dass meine Tochter von meiner Sucht nicht viel mitbekommen hat. Ja irgendwann ist der Kanal voll und es ist Zahltag, meine damalige Frau reichte die Scheidung ein und ich konnte gehen.
Wie auch immer man(n) denkt, sie hat mir Indirekt durch die Trennung, den Ausstieg ermöglicht.
Das Finale oder: der Kanal war voll
April 1986: In meinem Exil, die Stadt K., schaffte ich es, aus heutiger Sicht ein Glücksfall, mich runter zu saufen. Das Ende wurde durch einen missglückten Suizidversuch und einen lebensgefährlichen Einzug an Ostern 1986 eingeläutet. Ich hatte das Gefühl die Wände, die Decke und der Fußboden rückten zusammen und erdrückten mich. Meine Panik, der Zusammenbruch des Kreislaufs und die Entzugserscheinungen hatten es in sich. Weiße Mäuse habe ich nicht gesehen, es war ein größeres Tier, der fliegende Elefant mit den großen Ohren. Dazu hörte ich die Stimme meiner Mutter und andere Stimmen. Heute weiß ich, in diesem Zustand gehört man in ein Krankenhaus. Wobei ich zu diesem Zeitpunkt keine Krankenversicherung mehr hatte, das Telefon war gesperrt und es war mir unmöglich meine Wohnung zu verlassen. Für mich war dieser Zustand eine ersthafte Warnung, es war mir klar, mit mir stimmt was nicht. Mein Problem war zu diesem Zeitpunkt ein massiver Alkoholkonsum, ich konnte es mir noch nicht eingestehen, dass ich nasser Alkoholiker war. Am nächsten Tag war ich auf den Weg zur Illerbrücke mit dem Vorsatz mein Leben zu beenden. Zuvor besuchte ich einen Pfarrer, um ihm meine Verzweiflung zu erzählen, er schenkte mir ein Heiligenbildchen und dann war ich wieder draußen. Gottseidank begegnete mir mein Kollege von der gleichen Versicherung, mit dem ich befreundet war und er fragte mich, was „los sei“. Er schleppte mich zum dortigen Bezirkskrankenhaus und ich bat um die Aufnahme. Es ist aus heutiger Sicht ein Witz, die wollten mich nicht und empfahlen mir den Besuch eines niedergelassenen Nervenarztes. Ja, das haben wir dann gemacht und ich bekam von ihm eine Gratispackung Medikamente. Dass ich Alkoholiker bin, konnte ich mir noch nicht zugeben, aber ab diesem Zeitpunkt trank ich weniger (das Geld war auch sehr knapp). Ich war innerlich bereit mein Leben zu beenden, da dieser erbärmliche Zustand nicht mehr auszuhalten war. Mein Suizidversuch ging in die Hose, der Balken war morsch und ich war zu müde vom Hochhausdach zu springen.
Keiner meiner Mitmenschen hatten den Mut zu sagen dass ich ein massives Alkoholproblem hatte. Es ist ein Glück, oder ein reales Wunder, selbst darauf zu kommen und zu sagen „ich habe ein Alkoholproblem“.
Mehr über das Thema HÖHEN UND TIEFEN, HOFFNUNG - KRAFT ZUM LEBEN in der nächsten Ausgabe von Ecken & Kanten oder im gleichnamigen Taschenbuch. Peter Hoch (peho) V.i.s.d.Pr.: und ©
Nachtrag: Ich danke allen Menschen die mich in diesen Jahrzehnten begleitet haben, sei es durch Wort, Hilfe, oder auch einfach „Da gewesen zu sein“. Ich entschuldige mich den Menschen, denen ich ein Leid oder Schaden zugefügt habe. Mein Dank gilt den AA-Freunden, zu denen ich am 07.09.1986 gefunden habe. Die letzten 32 Jahre waren kein Honiglecken mit vielen Tiefs, aber auch Hoffnung und die erhaltene Kraft zum Leben , die Überwindung des Suizid-Problem.
Ein Wegbegleiter ist der Sucht-Notruf München 089-282822. Die Sucht-Selbsthilfe ist der Zweck des Verein (i.Gr.) LEOSS: LEBEN ERLEBEN OHNE SUCHT & SUIZID und soziale Not. Das soziale Netz in Deutschland ist sehr durchlässig und durch die Maschen kann man sehr schnell fallen. Ein Problem ist die Zeit nach dem Alkohol-Ausstieg. Daran arbeiten wir und andere an der SUCHT-SELBSTHILFE „Hilfe zur Selbsthilfe“.
